Kommentar: Forschen statt besetzen!

oecolution-Chefin Elisabeth Zehetner: Die Potenziale der Universitäten als Game Changer für Klimatechnologien müssen viel besser genutzt werden.

oecolution austria

09.01.2023

4 min

Für die Tageszeitung "Die Presse" hat oecolution-Geschäftsführerin Elisabeth Zehetner in ihrem Gastkommentar für eine höhere Potenzialausschöpfung der Universitäten als Game Changer plädiert.


Nach den Universitäten Wien, Salzburg, Innsbruck und Graz, der Universität für Bodenkultur und der Akademie der bildenden Künste fand auch an der Universität für angewandte Kunst eine Hörsaal-Besetzung unter dem Titel „Erde brennt“ statt. Worum es dabei wirklich geht, wird immer diffuser. So war von einer Positionierung „gegen die kontinuierliche koloniale und imperiale Ausbeutung“ die Rede. Zudem stehen „demokratische Lehrformate“ und „finanzielle Abhängigkeiten der Universität von zukunftsfeindlichen Konzernen“ auf der Protest-Agenda. Und noch einiges mehr, das allerdings – wie bei allen Uni-Besetzungen - noch zu erarbeiten war. Ein mediales Highlight war jedenfalls die Forderung nach einer „ausschließlich pflanzenbasierten Gastronomie“ an der Uni. 


Zur Lösung der Klimakrise leisten derartige Aktionen freilich keinen oder eher einen Bärendienst. Denn fundamental-diffuse Systemkritik mit schwerer politischer Schlagseite bringt uns nicht weiter. Sie macht seriösen Klimaschutz zum Nebenthema. Genau das brauchen wir jetzt definitiv nicht. 

Gefragt sind Lösungen, die machbar sind, rasch und nachhaltig wirken. Lösungen, die von und mit der Wirtschaft umgesetzt werden. Denn auf sie kommt es sowohl fürs Klima als auch für Wertschöpfung, Wohlstand und soziale Sicherheit an. Klimaschutz müssen wir uns schließlich leisten können. 


In diesem Sinn ist zu hoffen, dass sich die „Erde brennt“-Aktion bald auf das konzentriert, was wirklich wichtig ist: auf Klimalösungen, die wirken. Das Forschungs- und Innovationspotenzial der Universitäten in diesem Bereich wird erst zu einem geringen Teil genutzt. Gerade Österreichs Universitäten können mit der Beforschung neuer Technologien entscheidende Beiträge für eine erfolgreiche Energiewende leisten – von synthetischen Treibstoffen bis zu grünem Gas. Dies zu fördern und zu fordern, ist auch von Seite der Studierenden wichtiger denn je. Eine besondere Rolle könnte dabei die Förderung von Spin-offs spielen, die wissenschaftliche Erkenntnisse in anwendbare Innovationen und umsetzbare Zukunftstechnologien transformieren. Gerade bei Wasserstoff- und Klimatechnologien bestehen dabei in Europa und Österreich große Potenziale, die wir dringend nützen müssen – statt an den Unis in Retro-Manier Wirtschaftsfeindlichkeit zu predigen. 


Wenn also die Salzburger Hörsaal-Besetzer:innen gefordert haben, dass es ein Ende des „ständigen Krisenmodus“ und „endlich positive Zukunftsvisionen“ braucht, dann sind das hoffentlich Signale in die richtige Richtung. Universitäten und Studierende können und sollen eine wichtige Rolle für eine nachhaltige Entwicklung spielen – und das Thema Klimaschutz in diesem Sinn klug „besetzen“. Hörsaal-Besetzungen mit ideologischen Allerwelts-Forderungen sind Aktionen von gestern, die uns für die (Klima-)Zukunft leider nichts bringen.


Was definitiv inakzeptabel ist, sind Eingriffe in die Freiheit von Lehre und Forschung. Wenn alle Lehrpläne die Klimakrise aufgreifen sollen, wie bei Besetzungen gefordert wurde, und wenn das gesamte wissenschaftliche Personal in „Didaktik der Klimagerechtigkeit“ geschult werden soll, dann ist die Freiheit der Wissenschaft gefährdet. Unsere Unis sind gut beraten, das hohe Gut der Freiheit von Lehre und Forschung gegen alle Angriffe zu verteidigen – und seien es auch „gut gemeinte“ im Namen des Klimaschutzes. Für global wirksamen Klimaschutz brauchen wir mehr Offenheit für Wissenschaft und Forschung, weil nur daraus die Innovationen und Technologien entstehen können, die Menschen, Betriebe und Umwelt wirklich weiterbringen.

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