Stellungnahme zum Nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP)

Der Nationale Energie- und Klimaplan (NEKP) stellt eine gewichtige Position zur Gestaltung der Energie- und Klimapolitik Österreichs dar. Bedauerlicherweise ist das vorgelegte Papier unzureichend und bedarf einer völligen Überarbeitung.

oecolution austria

31.08.2023

5 min

Der Nationale Energie- und Klimaplan (NEKP) stellt eine gewichtige Position zur Gestaltung der Energie- und Klimapolitik Österreichs dar. Bedauerlicherweise ist das vorgelegte Papier unzureichend und bedarf einer völligen Überarbeitung.


oecolution austria - Initiative zur nachhaltigen Standortentwicklung nimmt zum Konsultationsentwurf des NEKP wie folgt Stellung:  


1. Prozess

Der gesamte Prozess der Erarbeitung des NEKPs scheint nicht nur undurchdacht, sondern konzeptlos zu sein. Noch gravierender ist die Tatsache, dass der gesamte Prozess viel zu spät gestartet wurde, ohne die Forderungen der Europäischen Union nach einer frühzeitigen Einbindung aller relevanten Stakeholder auch nur ansatzweise zu berücksichtigen. Die Intransparenz bezüglich der Einbindung anderer Ressorts und Bundesländer in den Erstellungsprozess ist ebenfalls alarmierend und zeugt von einem schockierenden Mangel an Respekt für Gesellschaft und Wirtschaft, die von den Auswirkungen der Maßnahmen direkt betroffen sein werden.


Die Basisannahmen des NEKP sind ebenso fragwürdig wie intransparent. Es ist unverständlich, warum Szenarien, auf denen der Plan basiert, nicht offengelegt wurden - weder das WEM-, das WAM-, noch das Transition-Szenario, erstellt durch das Umweltbundesamt, wurden vom BMK als Auftraggeber veröffentlicht.


Noch besorgniserregender ist die Tatsache, dass der Plan auf Gesetzen und Vereinbarungen aufbaut, die noch nicht beschlossen wurden oder für die keine politische Einigung erzielt wurde. Das hinterlässt den Eindruck, dass der vorgelegte Plan auf wackligen und unsicheren Grundlagen baut, was die Ernsthaftigkeit der Bemühungen zur Bekämpfung der Klimakrise in Frage stellt.


Im Kern stellen sich daher folgende Fragen: Wurden die relevanten Akteure überhaupt einbezogen und wann? Wie wird der Input der Stellungnehmenden tatsächlich behandelt? Wann ist ein Ministerratsvortrag geplant?


2. Gefährdung von Wettbewerbsfähigkeit und Versorgungssicherheit Österreichs

Der Nationale Energie- und Klimaplan in seiner jetzigen Form stellt eine Bedrohung für Österreichs Wettbewerbsfähigkeit und Versorgungssicherheit dar. Die Mangelhaftigkeit wird insbesondere im Umgang mit der Energieversorgung deutlich. Seit Februar 2022, seit Beginn des Angriffskriegs Russlands, existiert kein klares Szenario, wie die Versorgungssicherheit gewährleistet werden kann, falls die Lieferung von russischem Gas ausbleibt. Die fehlende Erschließung heimischer Gasvorräte als strategische Option zur Versorgungssicherheit stellt eine schwerwiegende Unterlassung dar.


Auch die hohen Energiepreise belasten die Wettbewerbsfähigkeit österreichischer Unternehmen erheblich. Im NEKP sind keinerlei kurz- bis mittelfristige Maßnahmen zu finden, die darauf abzielen, die Preise zu senken. Selbst die Möglichkeit der Ausweitung der Strompreiskompensation bis Ende 2030, die zur Entlastung beitragen könnte, wurde nicht in Erwägung gezogen. Dies deutet auf einen gravierenden Mangel an Verantwortungsbewusstsein gegenüber der Wirtschaft und der Bevölkerung hin.


Die bloße Evaluierung von Carbon Capture and Storage (CCS) und Carbon Capture and Utilization (CCU) reicht nicht aus. Kann jetzt nicht mit der Beforschung und Exploration begonnen werden, wird Österreich in Zukunft nicht auf diese wichtige Klimaschutz-Technologie, die auch Standortfaktor ist, zurückgreifen können. Österreich verpasst derzeit durch seine Verbotspolitik wichtige Klimatechnologien. Die Aufnahme von Maßnahmen zur Carbon Capture and Utilization (CCU) und Carbon Capture and Storage (CCS) ist als unerlässlich zu betrachten.


Die Verfügbarkeit von Wasserstoff inkl. Vorhersehbarkeit von Mengen und Preisen und dem entsprechendem Übertragungsnetzes sind für die Wettbewerbsfähigkeit des österreichischen Produktionsstandortes entscheidend. Es wird im NEKP nicht schlüssig dargestellt, wo künftig die notwendigen Mengen (Import, Eigenproduktion) an erneuerbaren Gasen herkommen sollen noch wie die unabdingliche Infrastruktur für einen Wasserstoff Hochlauf sichergestellt wird.


Die im NEKP vorgeschlagenen Maßnahmen, die über die EU-Gesetzgebung hinausgehen, bergen das ernsthafte Risiko des sogenannten "Gold Plating". Österreich könnte unnötigerweise strengere Regelungen erlassen, was zu erheblichen Wettbewerbsnachteilen führen würde. Es ist von höchster Bedeutung, dass der Plan eine ausgewogene Umsetzung der EU-Ziele gewährleistet, ohne dabei die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Wirtschaft zu gefährden.


3. Neuverhandlung der Lastenteilungs-Verordnung (Effort-Sharing-Regulation)

Die Verfehlung des EU-rechtlich verbindlichen Treibhausgasreduktionsziels von -48% bis 2030 stellt einen fundamentalen Mangel dar. Der Plan weist eine alarmierende Lücke von 13 Prozentpunkten auf und liefert keinerlei überzeugende Lösungsansätze, um dieses eklatante Defizit zu schließen. Der Grund dieses hohen Wertes ist nur insofern nachvollziehbar, dass Österreich durch die ungleiche Lastenverteilung im Rahmen der EU-Zielaufteilung überproportional viel zur Zielerreichung beitragen muss um damit die Defizite anderer Mitgliedstaaten auszugleichen.


Die Problematik dieser Aufteilung wird deutlich, wenn man beispielsweise betrachtet, dass Länder wie Polen, Kroatien, Ungarn oder Bulgarien lediglich eine Reduktion zwischen 10% und 17% ihrer Treibhausgasemissionen bis 2030 erreichen müssen (vgl. Grafik)



Grundsätzlich scheint es äußerst problematisch, wenn ein Ministerium ein Ziel verhandelt, ohne zu wissen, wie die Zielsetzung überhaupt zu erreichen ist.


Aus Sicht von oecolution ist es daher dringend notwendig, die Neuverhandlung der Effort-Sharing-Verordnung anzustreben. Es braucht ein Reglement, das auf gerechteren Prinzipien basiert und sicherstellt, dass die Verantwortung für den Klimaschutz angemessen verteilt wird.


Zudem ist es von höchster Dringlichkeit, eine Lösung zu finden, wie Österreich seine nationalen Zielverfehlungen innerhalb der EU kosteneffizient ausgleichen kann, etwa indem eine Ankaufstrategie für Emissionsrechte aus anderen Mitgliedstaaten erarbeitet wird, wie es auch in der Effort-Sharing-Verordnung (VO 2023/857) vorgesehen ist. Deutschland hat bereits vorgemacht, wie es geht, indem es kürzlich Emissionsrechte aus Ländern wie Bulgarien, Rumänien und Ungarn erworben hat. Diese Möglichkeit sollte auch in Österreich ernsthaft in Betracht gezogen werden, um die Zielverfehlungen zu minimieren, Strafzahlungen zu vermeiden und den Pflichten gegenüber den kommenden Generationen gerecht zu werden.


Insgesamt halten wir fest, dass es angesichts des komplett unausgegorenen Entwurfs sinnvoller wäre, die Möglichkeit der Governance-Verordnung in Anspruch zu nehmen, kein Update des Nationalen Energie- und Klimaplans (NEKP) vorzulegen. Die aktuelle Situation zeigt deutlich die Notwendigkeit einer realistischen und pragmatischen Herangehensweise an die Klimaziele, die über bloße Rhetorik hinausgeht und echte Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele einschließt.

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