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Landwirtschaft im Spannungsfeld: Ein Gespräch mit Timo Küntzle

„Nichts von dem, was wir heute essen, ist eigentlich noch natürlich hergestellt oder natürlich belassen“, sagt Küntzle. Im aktuellen Podcast mit Elisabeth Zehetner gibt Timo Küntzle, Journalist und Autor, Einblicke in die Herausforderungen und Notwendigkeiten der modernen Landwirtschaft.

oecolution austria

06.06.2024

3 min

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In unserem Podcast gibt Timo Küntzle, Journalist und Autor, Einblicke in die Herausforderungen und Notwendigkeiten der modernen Landwirtschaft. Küntzle, der seit 17 Jahren in Österreich lebt, stammt aus einer Getreide- und Milchbauernfamilie in Baden-Württemberg und hat sich intensiv mit den Themen Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz auseinandergesetzt. Sein Buch „Landverstand“ wirft provokante Fragen auf und fordert zum Nachdenken über die Zukunft der Landwirtschaft und unsere Ernährungssicherheit auf.


Die Notwendigkeit der Landwirtschaft

„Nichts von dem, was wir heute essen, ist eigentlich noch natürlich hergestellt oder natürlich belassen“, erklärt Küntzle. Er betont, dass der Mensch seit Jahrtausenden durch Züchtung die Pflanzen verändert hat, um höhere Erträge zu erzielen und den Geschmack sowie die Nährstoffzusammensetzung zu verbessern. „Die Natur kennt keine Äcker“, fügt er hinzu. In dem Moment, in dem wir ein Stück Land umgraben und bestimmte Pflanzen säen, greifen wir erheblich in die Natur ein und manipulieren sie zu unseren Gunsten.


Ernährungssicherheit in einer wachsenden Weltbevölkerung

Küntzle macht deutlich, dass die Landwirtschaft für die Ernährungssicherheit unerlässlich ist. „Zu den Zeiten, als der Mensch noch keine Landwirtschaft betrieben hat, haben nur ein Bruchteil der Menschen den Erdball bevölkert im Vergleich zu heute. Wir sind inzwischen über acht Milliarden Menschen. Bis zum Jahr 2050 werden es wahrscheinlich zehn Milliarden sein“, erläutert er. Ohne moderne und ertragreiche Landwirtschaft sei die Versorgung dieser Menschenmengen undenkbar.


Idyllische Vorstellungen vs. Realität

Es gibt oft eine Diskrepanz zwischen der idyllischen Vorstellung von Landwirtschaft und der realen Notwendigkeit, Lebensmittel in großen Mengen zu produzieren. „Moderne und intensive Formen der Landwirtschaft haben ihre Vorteile, bringen aber auch Nachteile mit sich“, so Küntzle. Eine intensiv bewirtschaftete Fläche steht im Widerspruch zur Artenvielfalt. Küntzle plädiert dafür, beide Seiten der Medaille zu betrachten und tragfähige Lösungen zu finden, die sowohl die Produktion von Lebensmitteln als auch den Erhalt der Natur ermöglichen.


Die Rolle des synthetischen Stickstoffdüngers

Eine Welt ohne synthetischen Stickstoffdünger sei derzeit nicht denkbar, erklärt Küntzle. Das Haber-Bosch-Verfahren zur synthetischen Gewinnung von Stickstoff hat die landwirtschaftlichen Erträge massiv gesteigert und ist somit überlebensnotwendig für die Menschheit. Doch diese Produktion verbraucht viel Energie und verursacht klimaschädliche Gase wie Lachgas. Küntzle fordert daher klimaneutrale Produktionsmethoden und effizientere Ausbringungsmethoden, um die negativen Umwelteffekte zu minimieren.


Pestizide und Pflanzenschutz

Auch der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln wie Glyphosat ist ein kontroverses Thema. „Wir haben auf der einen Seite einen großen Nutzen, der leider von manchen bestritten wird, und auf der anderen Seite negative Umwelteffekte“, sagt Küntzle. Ohne Unkrautbekämpfung hätten Kulturpflanzen keine Chance gegen die besser angepassten Wildpflanzen. Es sei wichtig, diese Gegenspieler zu kontrollieren, um ausreichende Erträge zu erzielen.


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