Sieben-Punkte-Plan gegen drohende Gasmangelsituation

Am 31. Dezember läuft der Gastransit-Vertrag zwischen der Ukraine und Russland aus. Ohne geeignete alternative Lösungen stellt das Österreich vor bedeutende wirtschaftliche Herausforderungen.

oecolution austria

11.04.2024

3 min

Am 31. Dezember läuft der Gastransit-Vertrag zwischen der Ukraine und Russland aus. Damit wären auch die rund 40 Millionen Kubikmeter Gas, die der Staatskonzern Gazprom aktuell noch täglich über die Ukraine nach Europa liefert, erst einmal Geschichte. Ohne geeignete alternative Lösungen stellt das Österreich vor bedeutende wirtschaftliche Herausforderungen.


Der potenzielle Mangel an Importmengen über den Hub Baumgarten, bedingt durch fehlende Infrastruktur, könnte schnell zu einer Gasmangellage führen, insbesondere bei unzureichend gefüllten Speichern. Hinzu kommt das Risiko, dass Russland die Gaslieferungen in die EU auch schon früher einstellen könnte, wobei dann die Versorgungssituation im mitteleuropäischen Markt für Österreich entscheidend ist. Engpässe in der Gasinfrastruktur in Richtung Norden, Westen und Süden bergen zusätzliche Risiken für die österreichische Erdgasversorgung.


Ohne Importe über Baumgarten könnte der heimische Endkundenverbrauch im schlimmsten Fall nur bis Mitte Januar 2026 gesichert werden. Eine derartige Situation würde hohe Nervosität an den Börsen verursachen, was nicht nur den Gas-, sondern auch den Strompreis in die Höhe treiben und inflationäre Effekte nach sich ziehen könnte.


Unser Sieben-Punkte-Plan für eine sichere Energieversorgung:


1. Einführung eines Sondergenehmigungsregimes für Energieversorgungssicherheitsprojekte: Neben dem Hochfahren der Entry-Kapazitäten an den Grenzübergabestellen Oberkappel und Arnoldstein fordern wir den Entfall der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) sowie der Naturverträglichkeitsüberprüfung (NVP) für den WAG Loop. Dabei muss der Punkt Wasserstoffkompatibilität, der auch für den Aufbau einer leistungsstarken Wasserstoff-Infrastruktur notwendig ist, berücksichtigt werden. Zusätzlich: Rasche Umsetzung der RED III (Renewable Energy Directive) der EU-Erneuerbare-Energie-Richtlinie auf nationaler Ebene, die beschleunigte Genehmigungsverfahren für dringende Infrastrukturprojekte vorsieht. 


2. Intensivierung der politischen und rechtlichen Maßnahmen gegen die deutsche Gasspeicherumlage: Wir fordern die Ausschöpfung aller verfügbaren Mittel auf politischer und rechtlicher Ebene, insbesondere durch eine Klage von Österreich gegen Deutschland vor dem EuGH nach Art 259 AEUV. Dies soll die Beschaffung alternativer, nicht-russischer Gaslieferungen über Pipelines oder als LNG ohne zusätzliche, EU-rechtswidrige Kosten ermöglichen.


3. Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit: Durch eine Präzisierung des Gas-Diversifizierungsgesetzes (GDG 2022), insb. der Richtlinien des BMK § 3 Abs 1 Z 2 und 3 soll sichergestellt werden, dass Unternehmen ein Kostenersatz für den Einsatz von nicht-russischen Gases gewährt wird. Zudem muss die Erdgasabgabe auch 2025 und 2026 auf EU-Mindestniveau abgesenkt werden. Die Verlängerung des Strompreiskosten-Ausgleichsgesetzes (SAG 2022) zur Kompensation indirekter CO2-Kosten muss bis 2030 verlängert werden. Das Modell der Strompreiskompensation gibt EU-Staaten seit 2013 die Möglichkeit, Unternehmen einen Teil der verursachten indirekten CO2-Kosten zu erstatten, um vergleichbare Wettbewerbsbedingungen mit außereuropäischen Konkurrenten zu erlauben. Österreich ist eines der wenigen EU-Länder, das dieses Instrument nur für 2022 und nicht darüber hinaus umgesetzt hat.).


4. Evaluierung neuer vertraglicher bzw. EU-rechtlicher Möglichkeiten zur kosteneffizienten Weiternutzung bestehender Pipeline-Routen zwischen Russland und Österreich als Übergangslösung. 


5. Politisches Eintreten für den Ausbau von Gas- und Stromnetzen in Nachbarländern: Um Engpässe zu vermeiden, ist ein schneller und koordinierter Ausbau der vorgelagerten Gas- und Stromnetze in den angrenzenden Mitgliedsstaaten unerlässlich.


6. Commitment bei der Erschließung heimischer konventioneller Gasvorräte: Zur Reduktion der Importabhängigkeit braucht es ein rasches und nachhaltiges Vorgehen bei der Erschließung zusätzlicher inländischer Gasvorräte unter Beachtung aller erforderlichen Genehmigungsvoraussetzungen.


7. Grundlegende Überarbeitung des Erneuerbaren-Gas-Gesetzes: Ziel muss sein, den Markt-Hochlauf von erneuerbaren Gasen mit dem Fokus auf Mengen- und Kosteneffizienz zu forcieren, um künstliche inflationstreibende Preissprünge aufgrund derzeit geplanter Strafzahlungen bei Nicht-Erfüllung verpflichtender Grüngas-Quoten zu vermeiden.

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