Globale Lieferketten als geopolitische Herausforderung
Peter Klimek im oecolution-Klimapodcast: "Wenn wir unsere industriellen Stärken verlieren, werden wir umso mehr erpressbar von anderen Akteuren, die diese Abhängigkeiten ausnutzen."
Peter Klimek im oecolution-Klimapodcast: "Wenn wir unsere industriellen Stärken verlieren, werden wir umso mehr erpressbar von anderen Akteuren, die diese Abhängigkeiten ausnutzen."
oecolution austria
20.01.2025
3 min
In einer neuen Folge unseres Podcasts, moderiert von Geschäftsführerin Elisabeth Zehetner, stand der Komplexitätsforscher und Physiker Peter Klimek im Fokus. Klimek, bekannt durch seine fundierten Analysen während der COVID-19-Pandemie und Leiter des Supply Chain Intelligence Institute Austria (ASK), beleuchtete die aktuellen Herausforderungen globaler Lieferketten.
Komplexität als Denkansatz
Bereits zu Beginn machte Klimek deutlich, dass seine wissenschaftliche Herangehensweise von der Physik inspiriert ist. „Mit Physik habe ich jetzt schon seit 20 Jahren nichts mehr zu tun. Aber was man da mitnimmt, ist, ein Problem in seine Einzelteile zu zerlegen und aus dem Zusammenspiel dieser Einzelteile zu verstehen, was das System als Ganzes macht“, erklärte er. Diese Strategie sei auf wirtschaftliche und logistische Systeme übertragbar und könne helfen, datengetrieben neue Lösungswege aufzuzeigen.
Klimeks Arbeit konzentriert sich auf die Analyse von Produktionsnetzwerken, die durch die Interaktionen vieler einzelner Marktteilnehmer geprägt sind. „Die Herausforderung ist ein riesiges Allokations- und Koordinierungsproblem. Selbst die größten Unternehmen können eine Wende Richtung mehr Nachhaltigkeit nicht alleine schaffen, sondern brauchen dazu ein Umdenken am ganzen Markt“, so Klimek.
Lieferketten als geopolitische Waffe
Ein zentrales Thema des Podcasts war die Rolle von Lieferketten als geopolitische Werkzeuge. Klimek erklärte dies am Beispiel der Halbleiterindustrie: „Die Lieferkette für Halbleiter ist extrem komplex. Von der Rohstoffherstellung über die Verarbeitung zu Wafern bis hin zur Fertigung der Endprodukte finden alle Schritte in unterschiedlichen Weltregionen statt. Diese gegenseitigen Abhängigkeiten werden zunehmend für politische Zwecke genutzt.“
Die USA beispielsweise versuchen, China den Zugang zu hochmodernen Chips zu verwehren, indem sie Exportbeschränkungen für bestimmte Unternehmen einrichten. Diese Strategie, auch „weaponized interdependence“ genannt, illustriert laut Klimek die Gefahr für Europa: „Wenn wir unsere industriellen Stärken verlieren, werden wir umso mehr erpressbar von anderen Akteuren, die diese Abhängigkeiten ausnutzen.“
Chancen für Europa und Österreich
Trotz der Herausforderungen sieht Klimek Möglichkeiten für Europa, sich strategisch zu positionieren. „Wir werden uns nicht komplett unabhängig machen können, aber es geht darum, bestehende Stärken zu erhalten und neue Chancen zu nutzen“, sagte er. Ein Beispiel sei die Sekundärnutzung von Rohstoffen: „Wenn es darum geht, Lithiumbatterien nicht nur zu recyceln, sondern wiederzuverwenden, gibt es international noch viel Nachholbedarf. Hier könnten wir uns in Europa eine zirkuläre Wertschöpfungskette aufbauen.“
Kreislaufwirtschaft als Zukunftsvision
Klimek betonte abschließend, dass nicht nur seltene Erden, sondern auch „Schrott“ an Bedeutung gewinnen. „Alte Autos nach Afrika zu verschiffen, statt ihre Materialien sinnvoll wiederzuverwenden, ist Verschwendung wertvoller Ressourcen. Hier gibt es enormen Handlungsbedarf und Potenzial für innovative Ansätze.“
Das gesamte Gespräch hier anhören.
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