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Nationaler Energie- und Klimaplan (NEKP): Licht und Schatten

Nach langen Verhandlungen hat sich die Bundesregierung auf den Nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP) geeinigt, den Umweltministerin Leonore Gewessler heute präsentiert hat. oecolution hat ihn sich näher angeschaut.

oecolution austria

20.08.2024

3 min

Wettbewerbsfähigkeit
Klimapolitik
Gesetze

Dieser Plan soll die Weichen für die Klimapolitik in Österreich bis 2030 stellen und gleichzeitig eine Grundlage für die langfristige Erreichung der Klimaneutralität schaffen. Doch trotz der wichtigen und positiven Ansätze, die der NEKP enthält, sieht oecolution austria sowohl Chancen als auch erhebliche Risiken, die es zu berücksichtigen gilt.


Positive Aspekte: CCS als notwendige Maßnahme

Ein zentraler und begrüßenswerter Punkt im NEKP ist die Anerkennung der Kohlenstoffspeicherung (Carbon Capture and Storage, CCS) und anderer verwandter Technologien. Elisabeth Zehetner, Geschäftsführerin von oecolution austria, betont die Bedeutung dieser Maßnahmen: „Es ist positiv, dass der NEKP die Kohlenstoffspeicherung durch natürliche Senken, wie Wälder und landwirtschaftliche Flächen, als auch durch technische Senken, wie die CCS-Technologie, als essenziellen Beitrag zur Dekarbonisierung anerkennt. Die CO₂-Emissionen großer Punktquellen müssen zur Erreichung der Klimaneutralität entweder permanent geologisch gespeichert oder für permanente CCU-Anwendungen genutzt werden.“


Diese Technologien sind nicht nur entscheidend für das Erreichen der Klimaziele, sondern auch für die Stärkung der heimischen Industrie. „Die Aufnahme von CCUS-Technologien ist wichtig, um im internationalen Vergleich nicht abgehängt zu werden,“ so Zehetner weiter. „Die Möglichkeit, Kohlenstoff aktiv zu binden, kann maßgeblich dazu beitragen, unsere Klimaziele zu erreichen und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Industrie zu sichern.“


Gefahren für den Industriestandort durch ETS-Flexibilität

Doch neben diesen positiven Entwicklungen birgt der NEKP auch erhebliche Risiken. Ein besonders kritischer Punkt ist die im Plan vorgesehene Flexibilität im Rahmen des EU-Emissionshandelssystems (ETS). Diese Regelung erlaubt es Österreich, Emissionszertifikate aus dem ETS in den „Effort Sharing“-Bereich zu transferieren, um so seine Klimaziele zu erreichen. Dies könnte jedoch schwerwiegende Folgen für den Industriestandort Österreich haben.


„Die ETS-Flexibilität birgt die Gefahr, dass die Menge der zur Versteigerung gelangenden Emissionszertifikate verknappt wird und die Kosten für diese Zertifikate steigen. Insbesondere für energieintensive Industrien bedeutet dies eine erhebliche finanzielle Belastung, die sich direkt auf ihre ohnehin schon herausfordernde internationale Wettbewerbsfähigkeit auswirkt,“ warnt Zehetner. Da die meisten EU-Staaten von diesem Eingriff in den Emissionshandel keinen Gebrauch machen, könnte Österreich hiermit einen Weg einschlagen, der die heimischen Industrien benachteiligt.


Darüber hinaus könnte die Verknappung der Zertifikate dazu führen, dass wichtige Investitionen in emissionsarme Technologien ausbleiben, was die notwendige Modernisierung der Industrie behindert. „Dies würde nicht nur den Standort Österreich schwächen, sondern auch die Einnahmen aus den CO₂-Auktionen mindern, die für nationale Förderprogramme genutzt werden,“ erklärt Zehetner.


Einstufung von Maßnahmen gegen Carbon Leakage als klimaschädliche Subventionen: Ein wirtschaftlicher Fehler

Ein weiterer kritischer Punkt im NEKP ist die geplante Einstufung von Maßnahmen gegen Carbon Leakage als klimaschädliche Subventionen. Diese Maßnahmen, die eigentlich dazu dienen, Unternehmen vor Wettbewerbsnachteilen zu schützen und eine Abwanderung der Produktion ins Ausland zu verhindern, werden im aktuellen Plan als klimaschädlich eingestuft. Dies könnte weitreichende negative Folgen haben.


„Die Einstufung von Härtefallregelungen und Maßnahmen gegen Carbon Leakage als klimaschädliche Subventionen ist wirtschaftlich unklug,“ so Zehetner. Diese Unterstützungen sind essenziell, um die Wettbewerbsfähigkeit österreichischer Unternehmen im internationalen Umfeld zu gewährleisten. Ein Abbau dieser Maßnahmen könnte dazu führen, dass heimische Unternehmen noch stärker unter Druck geraten und die Kosten für Energie weiter steigen. Dies würde nicht nur die Industrie schwächen, sondern auch die gesamte Volkswirtschaft.


Zusätzlich ist auch die Beibehaltung der für den Industriestandort Österreich essenziellen Energieabgabenvergütung gefährdet. Diese Vergütung gleicht die Mehrkosten gegenüber den EU-Mindeststeuersätzen aus und ist somit ein wichtiger Faktor für die Sicherung wettbewerbsfähiger Energiepreise. „Streicht man diese Hilfen, müssen Unternehmen noch mehr für Energie zahlen, was den österreichischen Standort und die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Industrie noch stärker unter Druck setzt,“ betont Zehetner.


Fazit: Notwendige Balance zwischen Klimaschutz und Wirtschaft

Der Nationale Energie- und Klimaplan enthält viele wichtige Maßnahmen, die für den Fortschritt im Klimaschutz unverzichtbar sind. Doch gleichzeitig dürfen diese nicht auf Kosten der Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Industrie gehen. Es ist entscheidend, dass der Schutz des Wirtschaftsstandortes in den Planungen berücksichtigt wird, um die notwendige Transformation erfolgreich zu finanzieren und die Klimaziele langfristig zu erreichen.

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