Artikel

Hoch die Standards, runter mit den Zöllen – Für eine kluge Handelsstrategie

Das Klima mit günstigen E-Autos aus China schützen? Oder doch lieber die eigene Mobilitätsindustrie stärken? Die Debatte über Strafzölle zeigt, dass nur ein Weg nicht zum Ziel führt.

oecolution austria

13.06.2024

3 min

Wettbewerbsfähigkeit
Leben
Analyse

Update: Der Kommentar erschien am 13.06.2024. Der Weg für Zusatzzölle auf Elektroautos aus China wurde am 4.10.2024 geebnet. An diesem Freitag fand sich keine ausreichende Mehrheit der EU-Staaten, um das Vorhaben zu stoppen. Damit kann die EU-Kommission nun entscheiden, Abgaben von bis zu 35,3 Prozent einzuführen.



BYD, Geely und SAIC: Für Modelle dieser drei chinesischen Hersteller plant die EU-Kommission Strafzölle. Ob das ein Grund zum Jubeln ist, hängt vom Standpunkt ab.


Ein komplexes Dilemma: Ausgleichszölle aus verschiedenen Perspektiven

Aus Sicht der Europäischen Kommission sind Ausgleichszölle eine logische Antwort. Die überproportionalen staatlichen Subventionen Chinas für die chinesischen Hersteller bedeuten schließlich eine massive Wettbewerbsverzerrung für die europäischen Hersteller – für Betriebe, Cluster und Branche.


Aus Sicht der Konsumenten und des Klimaschutzes sieht das anders aus: Günstigere E-Autos werden durch höhere Zölle deutlich teurer. Das ist keine gute Nachricht für Autofahrer und Umwelt. Aus der Verbraucher-Perspektive betrachtet, sind die chinesischen Subventionen für europäische Konsumenten mehr Vorteil als Belastung.


Aus klimapolitischer Sicht handelt es sich de facto um eine indirekte Subvention aus China für die europäische Mobilitätswende, wenn billige chinesische E-Autos nach Europa gelangen.


Aus Sicht der europäischen Autoindustrie werden als Reaktion auf Zölle Gegenmaßnahmen befürchtet, womit eine Spirale begonnen wird, die unweigerlich in einem Handelskrieg enden kann und damit die Wettbewerbsfähigkeit weiter schwächt. Hinzu kommt, dass ein großer Teil der aus China nach Europa importierten E-Autos dort von europäischen Herstellern produziert werden. Und vor allem deutsche Autobauer selbst hohe Absätze in China verzeichnen.


Ein Weg allein führt nicht zum Ziel

Die Debatte über Ausgleichszölle zeigt nicht nur die Komplexität des Themas, sondern auch, dass nur ein Weg nicht zum Ziel führt. Diese Einsicht ist für die gesamte wirtschafts- und umweltpolitische Debatte wichtig: Wir müssen Wohlstand, Arbeitsplätze und Klimaschutz gleichzeitig und miteinander verfolgen – und nicht als entgegengesetzte Ziele betrachten.


Eine kluge Handelsstrategie erfordert mehr als Zölle

Für den Umgang mit hochsubventionierten chinesischen E-Autos gilt daher, dass eine komplexere Herangehensweise erforderlich ist. So wäre es wesentlich wichtiger, über nicht-tarifäre Maßnahmen anstatt von Zöllen nachzudenken. Sinnvoll ist es wohl, einerseits über hohe Standards in Bezug auf Umwelt und Nachhaltigkeit nachzudenken, denn auch solche Maßnahmen erschweren unerwünschten Teilnehmern den Zugang zum inländischen Markt. Andererseits müssten solche Maßnahmen mit gezielten Subventionen für die heimischen Produzenten kombiniert werden.


Kein Gewinner im Handelskrieg

Klar ist jedenfalls: Bei Handelskriegen gibt es auf Dauer keine Sieger. Alle Staaten müssen mit Verlusten rechnen – die einen mehr, die anderen weniger. Eine kleine exportorientierte Volkswirtschaft wie Österreich mit einem starken Auto-Cluster würde allerdings weitaus schwerer be- und getroffen als China. Unsere Abhängigkeit von Teile- und Komponenten-Zulieferungen aus China würde uns besonders auf den Kopf fallen.


Strategische Partnerschaften statt Abhängigkeit

Umso wichtiger ist es, auf kluge Handelsabkommen mit strategischen Partnern aus allen Teilen der Welt zu setzen, um unsere Abhängigkeit von China zu reduzieren. Dies würde nicht nur neue Märkte erschließen, sondern auch die Risiken verteilen. Dass wir Nachhaltigkeit stärker in die Produktregeln für den europäischen Markt integrieren - wie etwa Quoten für recyceltes Material oder den Anteil an grünem Stahl – würde nicht nur unerwünschte Anbieter aus dem Markt drängen, sondern auch die Qualität und Wettbewerbsfähigkeit unserer eigenen Produkte verbessern. Gleichzeitig müssen wir unsere eigenen Stärkefelder bei alternativen Antriebssystemen ausbauen und die eigene Batterietechnologie forcieren.


Schlussgedanken: Für eine nachhaltige und zukunftsorientierte Politik

Strafzölle sind eben nur die vermeintlich einfache Lösung eines komplexen Problems. Anstatt uns auf möglicherweise kurzfristig wirksame, aber langfristig schädliche Zölle zu konzentrieren, sollten wir eine weitsichtige Politik verfolgen, die auf hohen Standards und strategischen Partnerschaften basiert. Nur so können wir die Herausforderungen der globalen Wirtschaft meistern, die Klimakrise bewältigen und gleichzeitig unsere eigenen Werte und Interessen schützen.


Fazit: Standards und Partnerschaften als Schlüssel

Eine nachhaltige Handelsstrategie, die sowohl wirtschaftliche als auch umweltpolitische Ziele berücksichtigt, erfordert einen klugen und differenzierten Ansatz. Hohe Standards und strategische Partnerschaften sind der Schlüssel, um langfristig erfolgreich zu sein und unsere Zukunft zu sichern.


Weitere Artikel

Nachhaltige Steuerpolitik: Daniel Varro über Vereinfachung, Bürokratieabbau und den Klimabonus

In einer neuen Folge unseres Podcast „oeco? Logisch!“ mit Elisabeth Zehetner gab Daniel Varro, Universitätsprofessor für Steuerrecht und nachhaltige Steuerpolitik an der Donauuniversität

Appell der Wirtschaft: Bereits 180 Unternehmen fordern Sofortmaßnahmen gegen hohe Energiekosten

Offener Brief: Leitbetriebe wie voestalpine AG, Lenzing AG, RHI Magnesita GmbH und Flughafen Wien AG zählen zu den Unterzeichnern – Unterstützer sichern rund 130.000 Jobs

Hohe Energiekosten gefährden österreichischen Standort

Die steigenden Energiepreise stellen eine massive Bedrohung für den Wirtschaftsstandort Österreich dar. oecolution fordert daher Maßnahmen für eine sichere und kostengünstige Energieversorgung.